Seit 37 Jahren bei enalpin
Urban Andenmatten lebt in Eisten, wo er seit 2017 Gemeindepräsident ist. Mit seiner Frau Manuela hat er drei Kinder und ein Enkelkind. Wenn es seine Aufgaben zulassen, erholt er sich beim Sport, z.B. beim Langlauf, Skifahren oder Touren, und beim Wandern. Einer seiner Lieblingswege ist der alte Talweg, ein Säumerweg, der vom Monte-Moro-Pass bis nach Visp führt. Hier spaziert und wandert er im Winter, im Sommer geht’s dann höher hinaus. «Hier ist meine Heimat. Meine Familie, die Natur und eine gute Gesundheit sind alles, was ich für ein zufriedenes Leben brauche.»
Urbi, du hast am 1. September 1985 bei der enalpin angefangen – erinnerst du dich noch an deinen ersten Tag?
Urban Andenmatten: Dass ich als gelernter Maurer bei der enalpin – damals bei der Lonza Energie AG – angefangen habe, war eigentlich purer Zufall. Ein Freund hat sich als Schichtarbeiter bei der Lonza angemeldet, und ich habe mich mehr aus Jux auch eingetragen. Das hatte ich längst vergessen, als ich rund ein Jahr später zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Man hat mir eine Stelle als Schichtarbeiter im Kraftwerk Ackersand angeboten… mit dem Hinweis, dass da aber ein paar komische Käuze arbeiten würden (lacht). Aber seien wir ehrlich: Von denen hat’s überall. So war ich dann als Schichtarbeiter fürs Starten, die Überwachung und die Kontrolle der Maschinen zuständig. Mein Vorgänger war noch einen Monat lang da und hat mich eingelernt. Damals arbeiteten im Kraftwerk zusammen mit den Schweissern, den Schleifern und den Wächtern ganze 26 Mitarbeiter – und die meisten hätten vom Alter her meine Väter sein können… heute sind noch acht Mitarbeiter im Ackersand. Die Aufgaben der Schleifer und Schweisser werden heute von externen Firmen erledigt und die Schichten vor Ort sind weggefallen, da heute alles automatisiert und von einer zentralen Leitstelle aus gesteuert und überwacht wird.
Welche beruflichen Stationen hast du in deiner Zeit bei der enalpin durchlebt?
Bis Ende 1999 habe ich in der Schicht gearbeitet. Ab 1993 wurden die Kraftwerke Ackersand 1 und 2 schrittweise automatisiert, und der Schichtbetrieb im Kraftwerk Ende 1999 aufgehoben. Die allerletzte Schicht hatte ich in der Nacht der Jahrtausendwende. Wir hatten alle grosse Sorgen, ob die Software der Steuerung der Maschinen und der Netze den Jahrtausendwechsel auch mitmachen. Aber das war absolut kein Problem. Anschliessend arbeitete ich anderthalb Jahre in der Werkstatt – bis ich im September 2001 wieder in die Schicht musste, diesmal in der Zentralen Leitstelle in Visp. Mir wurde aber versprochen, dass ich wechseln darf, wenn eine Stelle als Tagesarbeiter frei wird und so durfte ich im Februar 2002 für drei Monate in der Energiewirtschaft aushelfen. Und diese Aushilfe dauert bis heute.
Wie hat sich deine Arbeit in all der Zeit verändert?
Durch die Digitalisierung hat sich in der Energiewirtschaft sehr viel verändert. Unsere Arbeit ist aufwändiger und damit auch viel genauer geworden. Früher konnte die Ausgleichsenergie zum Beispiel von einem Tag auf den andern über einen Saldo korrigiert werden, heute kostet jede Viertelstunde, in der wir vom Energiefahrplan abweichen. Und es sind viele Dinge dazugekommen, wie etwa verschiedene Systemdienstleistungen und Handelsplattformen oder die Herkunftsnachweise für erneuerbare Energien.
Wie hat sich die enalpin selbst in all der Zeit aus deiner Sicht verändert?
Sie ist grösser geworden und dadurch, dass wir in vielen Bereichen gezielt Spezialistinnen und Spezialisten eingestellt haben, auch viel professioneller. Und unsere Werkzeuge wurden professioneller: Während wir früher vor allem mit Excel-Tabellen gearbeitet haben, gibt es für den Energiehandel und den Fahrplan heute spezialisierte Softwares und Plattformen, die wir übrigens momentan auf den neusten Stand der Technik bringen.
Gibt es ein Ereignis, das dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es viele… Einmal war ich alleine auf der Schicht, als im Kraftwerk Ackersand ein Schalter kaputt gegangen ist. Da kam ein Lichtbogen aus dem Fenster im ersten Stock der Zentrale 1. Alle Maschinen, die notabene Volllast gelaufen sind, sind ausgestiegen und der Strahlablenker hat dafür gesorgt, dass das Wasser nicht mehr auf die Turbinenräder gelenkt wurde. Das hat einen unglaublichen Lärm gemacht, durch den Netzausfall wurde es in der ganzen Zentrale stockdunkel und ich stand mutterseelenalleine mittendrin. Zum Glück war das Telefon ganz in meiner Nähe und ich konnte die Pikettmitarbeiter aufbieten. Soweit ich mich erinnern kann, liefen zwei Stunden später die ersten Maschinen wieder. Ich war schwer beeindruckt.
Gibt es aus deiner Sicht etwas, das früher besser war?
Früher war’s weniger stressig, heute ist alles viel kurzlebiger und turbulenter. Und auch die Preise am Energiemarkt gehen viel schneller rauf und wieder runter.
Gibt es etwas, das heute besser ist?
Durch die Digitalisierung hat sich sicher viel verbessert. Aber auch die enalpin selbst hat viel getan, damit sich die Mitarbeitenden wohl fühlen. Dadurch, dass es Mitarbeiterfeste, spezielle Mitarbeiterorientierungen usw. gibt, kommt man viel eher miteinander in den Austausch. Das gibt einen ganz anderen Zusammenhalt. Früher, als ich im Kraftwerk war, gab es jemanden, der die gleiche Schicht hatte wie ich, einfach in der Leitstelle in Visp – und wir haben uns in 15 Jahren nie gesehen, sondern immer nur am Telefon miteinander gesprochen.
Was wünschst du dir und der enalpin für die Zukunft?
Meine Zeit hier bei der enalpin geht langsam zu Ende, ich gehe 2024 in Pension. Ich bin sehr dankbar für diese Zeit und freue mich, dass die enalpin so viele gute, junge und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt hat. Mein Ziel ist es, ihnen noch etwas von meiner Erfahrung mit auf den Weg zu geben – in Sachen Digitalisierung sind sie mir ja schon ein grosses Stück voraus (lacht). Der enalpin wünsche ich, dass sie auch in Zukunft eine tolle Arbeitgeberin hier in der Region sein kann. Aber bei dem Team mache ich mir da eigentlich keine Sorgen. Als Gemeindepräsident von Eisten wünsche ich ihr und mir, dass sie weiterhin auf so gute und partnerschaftliche Weise auf Augenhöhe mit den Gemeinden zusammenarbeitet.